Nachtbus fahren.
So wie früher.
Meine schlangenlinienförmigen Fußnoten
tragen mich heim.
Zu dir.
Wo dein junges Ich verborgen liegt,
Unter einer Maske aus Schlaf.
Gorgeous
Alle Menschen sind mir plötzlich so fremd geworden.
Ich sehe in den Augen nach und nach das freundliche Licht ausgehen,
und es wird dünkler in mir.
Gänseblümchen
Stumme Worte. Sag mir all deine stummen Worte. Wenn die Buchstaben auf der Tastatur schlafen wie Gänseblümchen, dann sag mir deine stillen, leisen Worte aus Haut und Lippen.
Scherben bringen Glück…oder so ähnlich
U-Bahn Bretter…
Letztens am Abend, ich bin unterwegs ins Lokal. Vor mir auf der Rolltreppe ist diese Frau, ein wahrer Männertraum. Lange dunkle Haare, die in Locken gelegt sind, High Heels und ein hautenges schwarzes Minnikleid, an einem recht kurvigen Körper. Schöne Kurven und ein echt üppiger Hintern, aber so auf die Art, wie es die meisten Männer recht gerne mögen. Und es ist lustig zu zusehen, wie auch einige ins Stocken kommen und über ihre eigenen Füße fallen, bei dem Anblick. Ich stehe ein wenig enfernt und betrachte das Spektakel . Zwei kommen, mit Iros am Kopf und Bierdosen in der Hand. Sie bleiben stehen. Der eine pufft den anderen in die Seite um ihn aufmerksam zu machen, und sagt etwas zu ihm, was ich nicht hören kann, aber ich kann es mir ungefähr denken. Und sie steht da mit dieser Aura, die einen Bannkreis um sie schlägt. Scheinbar so, als würde sie all den Trubel, der um sie entsteht nicht bemerken. Für so ein Outfit, an einem solchen Körper, braucht man auch ein wenig schauspielerisches Talent. Das ist so als würde man sich auf eine Bühne stellen, und einen Scheinwerfer auf sich richten. Larger than Life quasi aufs Hirn tätowiert Und ich finde sie macht das ganz großartig. Wie sie da steht. Auf den U Bahnsteigen, die unsere Welt bedeuten.
Wo der Pfeffer wächst…
Lass diesen Geist ganz klar werden, damit du deine Worte darauf schreiben kannst: All meine Gedanken, meine Hoffnungen, meine Erwartungen sollen dahin gehen, wo der Pfeffer wächst. „Aber“, fragt da gleich mein Verstand: „Wo wächst der Pfeffer eigentlicht?.“ :-)
Rubik Würfel vs. Dichtungsschaum
Hier sitze ich in meinem Exil, in meinem Warten auf bessere Zeiten. War es nicht immer so? Hab ich nicht immer, irgendwie auf bessere Zeiten gewarten? Und ja, sie sind auch gekommen, aber immer mit Unvollkommenheit im Gepäck. Im Gepäck mit dem ewigen Widerstreben des Lebens. Weil dieses Leben eben so ist.
Vielleicht sollte ich aufhören daran herumzudoktern. Denn was ist wahnsinniger als das? Das ist wie bei einem Rubik Würfel, und die hab ich noch nie hinbekommen! Hier noch ein bisschen schieben, da noch ein bisschen drücken, verdammt, wieder nichts. Aber vielleicht wenn ich es nocheinmal versuche, der gelbe Würfel soll doch dort sein, warum ist er denn neben dem roten? Und anstatt, dass wir es einsehen, versuchen wir es einfach immer weiter. Wahrscheinlich, weil wir zu nah dran sind. Und nicht sehen, dass das alles nichts bringt, all dieses Herumfuhrwerken, Herumpfuschen in unseren Leben. Das einzig vernünftige wäre, diesen Würfel endlich wegzuwerfen, nicht mehr zu versuchen, die Steine so anzuordnen, dass endlich alle Farben ordentlich in Reih und Glied stehen.
Und es ist ja nicht so, als ob uns das nie jemand gesagt hätte, als ob uns das nicht überall ständig gesagt würde. Aber so ganz einsehen können wir es nicht. Wir wollen das Leben mit aller Gewalt dazu bringen, nicht mehr relativ zu sein, sondern absolut.
Es soll seine Unterschiede, seine Kontraste, für sich behalten. Damit dieser einzige, wunderschöne, extatische Moment doch für immer dauern könnte. Aber so ist es nicht. Wir fallen wieder ab, wir stürzen wieder in die Relativität, wo es hier ja so ganz okay ist, aber dort tuts weh, und der Ausblick nach dahin ist noch schlimmer. Und immer denken wir, es ist unser Fehler. Irgendetwas haben wir übersehen, wir sind noch nicht ganz da, wo wir sein sollten, denn dann wäre es ja besser, dann wären da nicht soviele Risse in uns selbst. Aber dazu sind wir da. Um zu begreifen, dass es das Wesen des Lebens ist, relativ zu sein. Und das wir das Licht sind, das so wachsen kann. Es ist unsere Aufgabe unser ganzes Sein so auszudehnen, bis es wie Fugenkitt in diese Rillen und Risse fließen kann.
Wir laborieren immer an der falschen Stelle herum. Hier wo wir sind, sollen wir bleiben, sollen nicht versuchen, jetzt endlich doch alles perfekt werden zu lassen, sondern die Unvollkommenheiten ansehen und dann ausströmen, wie dieser herrliche Dichtungsschaum, den ich als Kind schon so gerne gemocht habe. Die Brüche in der Vollkommenheit des Lebens werden ausgeschäumt von uns selbst, von unserer Seele, wenn man solche Worte gerbauchen will. Und alles was offen klafft, in unserem Leben, ist eine Wunde, die es von uns selbst zu schließen gilt. Dort müssen wir hineinwachsen, mit einer neu gewonnenen Größe.
Was soll ich euch sagen, das ihr nicht eh schon wisst? Dass, das Leben nicht so ist, wie ihr gedacht habt, dass es sein sollte. Das euch viel widerfahren ist, von dem ihr nicht wolltet, dass es geschieht, und dass es trotzdem passiert ist. Und dass, es dann doch, im Nachhinein, immer irgendwie gut war. Dass es dann doch, wenn das Schlimmste erst vorüber ist, immer genau das Richtige war, was geschehen ist. Dass euch alles immer nur dahin gebracht hat, wo ihr heute seid und dass, ihr niemals das geworden wärt, wenn nicht soviel schief gelaufen wäre. Stellt euch vor, es wäre in euerem Leben immer alles so gelaufen, wie ihr es haben wolltet. So ganz von Anfang an. Wer wärt ihr dann? Würdet ihr nicht in Wahrheit ein falsches Leben, leben, eines das gar nicht euch gehört, das gar nicht ihr selbst seid? Würde es euch nicht flach machen, eindimensional und wärt ihr dann wirklich glücklich?
Was sollen alle diese Worte von einer, die keine Ahnung hat? Ich weiß es auch nicht, sie kommen mir einfach so in den Sinn, und sind wahrscheinlich an mich selbst gerichtet.
Der Tod meiner Oma
Ich habe meine Oma sterben gesehen. Irgendwie hab ich immer gewußt, dass ich dabei sein würde. Aber nicht richtig, nicht wirklich. Erst nachdem es vorbei war, war mir klar, dass ich es immer schon gewußt habe. Es war an diesem heißen Tag im Mai. Wir waren im Garten und mein Telefon klingelt. Und die Eltern sind dran, ich soll die Rettung rufen, weil der Oma gehts nicht gut. Meine Eltern sind nämlich nicht da, die sind auf Urlaub und die Heimhilfe hat sie verständigt, und nicht recht gewußt, wie sie handeln soll. Und ich weiß dass es wichtig ist, das es keine Übung ist, sondern wichtig. Ich packe meine Tasche ein und steige die zwei Stufen hoch, vom Garten ins Wohnzimmer, mit zwei Gläsern in der Hand. Meine Katze wählt genau diesen Moment, um sich dazwischen zu drängen und mir vor die Füße zu laufen. Ich stolpere und falle hin und die Gläser in meiner Hand zerbrechen. Normalerweise falle ich nie, obwohl sich die Katzen jeden Tag redliche Mühe geben, uns zu Fall zu bringen. Und da weiß ich noch tiefer, dass es heute wichtig ist. Ich rapple mich hoch. Meine Freunde, die da sind sagen: „Geh nur, wir machen das schon.“ Sie schauen besorgt drein. Ich fahre zu meiner Oma und die Sanitäter sind schon da. Ich beuge mich über sie, wie sie da im Bett liegt und sage: „Hallo Oma. Ich bin jetzt da.“ Ich weiß, dass sie schon verwirrt ist, und ich denke, wenn ich so zu ihr spreche, dann beruhigt sie das vielleicht. Ich packe ihre Tasche, so wie ich es von meiner Mutter gelernt hab. Ihre goldenen Hausschuhe, eine Bürste, ein Nachthemd mit Rüschen, eine Zahnbürste, Zahnpasta. Aber ich finde nur dieses Plastiksackerl, in das ich dann alles hineinstopfe und weiß, das wäre meiner Mutter nicht passiert. Mit Oma ins Krankenhaus fahren, mit einem schäbigen Plastiksackerl, aus dem ihre goldenen Hausschuhe hervorschauen. Und wir fahren mit der Rettung und kommen dann an, im Krankenhaus. Und ich bin so dankbar für die Leute, die wissen was zu tun ist. Die ihre Liege in das Behandlungszimmer schieben. Und einige Ärzte und Schwestern sind um sie herum. Wie von einer Traube ist meine Oma umkreist und die Ärztin sagt mir, dass sie eine Infusion setzen. Und irgendetwas stimmt nicht, die Ärzte werkeln hektischer herum und versuchen etwas, und aus ihren Worten höre ich, dass es nicht klappt. Und ich spüre, dass meine Oma wütend wird. So wie sie immer, ihr ganzes Leben stark war, passt ihr das gar nicht, was hier mit ihr geschieht und sie ist zornig. Die Ärztin sagt mir: „Wir können die Infusion nicht setzen.“ Und erklärt etwas dazu, das ich nicht verstehe und: „Ihre Großmutter stirbt jetzt.“ Und: „Wenn Sie möchten, könnten wir noch Maßnahmen ergreifen, aber….“ Und ich sage: „Nein.“ Irgendjemand stellt mir einen Stuhl neben das Bett, damit ich mich setzen kann. Und ich nehme Omas Hand, aber ich glaube das interessiert sie schon nicht mehr. Ihre Augen sind schon woanders hin gerichtet. Und irgendwann geht da dieser Schub durch ihren Körper. Ein Zittern. Es ist, als wären unsichtbare Wellen um ihren Körper. Und dann ist es vorbei. Eine Schwester sagt mir, dass sie jetzt eigentlich tot ist, aber das sie noch abwarten müssen, bis das eine Gerät keine Aktivität im Gehirn mehr anzeigt. Und meine Oma wird in ein anderes Zimmer gebracht, raus aus dem Behandlungszimmer in der Notaufnahme. Eine Schwestern erklärt mir salbungsvoll, dass das so ja besser für mich ist, damit ich mehr Privatshäre habe um mich zu verabschieden. Und obwohl ich es nett finde, dass sie mich schonen will, denke ich, dass sie doch nicht solche dummen Lügen erfinden muß. Dass ich doch weiß, dass die Ärzte das Behandlungszimmer brauchen, weil noch andere Patienten kommen. Und da sitze ich neben ihr in diesem Zimmer, und ich versuche was ich kann um eine gute Begleitung zu sein, ich versuche einen Frieden sich ausbreiten zu lassen, weil ich gehört habe, dass die Sterbenden das brauchen. Und es ist ganz absurd da zu sitzen, neben meiner toten Oma. Es ist ein ganz normaler Tag, und draußen sind ganz normale Geräusche. Später dann, ich hab schon mit den Eltern telefoniert und ihnen Bescheid gegeben, und ich sollte dann nochmal zu ihr gehen, um noch etwas zu erledigen. Und mein Freund ist mittlerweile auch da. Und wir gehen in den anderen Trakt im Krankenhaus. Dort wo die Toten liegen und sie nennen es „Verabschiedungszimmer“ und ein Pfleger erklärt uns, wie es jetzt weitergeht, und dass sie 48 Stunden dort bleiben wird. Und so weiter. Er sprerrt die Tür auf, zu dem Zimmer. Und dort liegt sie, verhüllt mit einem ganz weißen Laken und jemand hat Rosen auf ihre Brust gelegt und ich finde es wirklich, wirklich freundlich, dass das jemand getan hat. Das Fenster ist offen, Licht strömt herein und malt Muster auf das weiße Laken. Draußen riecht es nach Flieder und es ist ein Rauschen vom Wind in den Blättern. Und ehrlich: da ist in diesem Zimmer ganz tiefer Frieden, eine große Leichtigkeit und viel Liebe. Ich nehme das Laken von ihrem Gesicht um sie nochmal anzusehen und sie sieht aus als wäre sie aus Papier. Das was da liegt ist tot, aber es ist nicht meine Oma. Es ist wie eine Schmetterlingslarve, tote Materie, wie aus Wachs, wie eine abgestreifte Hülle.